Malamut und der Hund

Eines Tages wartete ein Hund auf Malamut, als er morgens das Haus verließ. Malamut hatte einiges zu erledigen und der Hund schloß sich ihm ohne große Formalitäten an. Gegen Mittag, beide hatten Hunger, stärkten sie sich an einem Würstchenstand, bevor sie den Heimweg durch den Park antraten. Vor dem Haus, in dem Malamut wohnte, drehte der Hund um und ging seiner Wege.

Am nächsten Tag ging Malamut nicht aus. Er mußte einen Artikel über die verlassenen Goldgräberstädte Sibiriens fertigstellen (Malamut war nicht hingefahren, denn verlassene Goldgräberstädte konnte er sich auch so vorstellen). Als er fertig war, faxte er den Artikel an die Redaktion und ging zu Bett.

Anderntags, Malamut hatte Lust auf einen Spaziergang, wartete der Hund wieder vor der Tür. Sie wanderten am Flußufer entlang. An einem Kiosk kaufte Malamut eine Zeitung. Später aßen sie eine Kleinigkeit auf der Terrasse eines kleinen Restaurant`s. Eine Dame an einem der Nachbartische schien Gefallen an ihnen zu finden. Da sie sich aber nicht so recht für einen von ihnen entscheiden konnte, schien es das Klügste, nach Hause zu gehen. Gut gelaunt und über den Vorfall witzelnd erreichten sie Malamut`s Haustür. Dort gingen sie auseinander.

Am nächsten Morgen war der Hund wieder da. Ebenso an den folgenden Tagen. Wenn Malamut ausging (und dazu fand er immer häufiger Grund) wartete der Hund schon auf ihn und sie verbrachten den Tag zusammen. Einmal, sie hatten sich gerade vor Malamut`s Tür getrennt und es war noch früher Abend, kam Malamut der Einfall, dem Hund unauffällig zu folgen. Es ging in kleinen Haken und auf Umwegen bis an`s andere Ende der Stadt. Der Hund sah sich des öfteren um, Malamut aber gelang es jedesmal, sich rechtzeitig zu verbergen. Vor einem kleinen Häuschen endlich drückte der Hund die Gartenpforte auf und lief hinein. Malamut, dessen Neugier befriedigt war, ging nach Hause.

Dann, im Spätsommer, geschah es, daß Malamut aus dem Haus trat und kein Hund da war. Malamut hielt es für Zufall und ging seiner Wege. Doch auch am nächsten Tag und an den folgenden Tagen war keine Spur von dem Hund zu sehen. Das störte Malamut, denn er hatte sich an die gemeinsamen Ausflüge gewöhnt. Eines frühen Morgens, er hatte schlecht geschlafen, verließ er das Haus. Wieder war der Hund nicht da. Er wartete eine Weile, dann machte er sich auf den Weg, quer durch die noch schlafende Stadt, bis zu dem Häuschen, wo der Hund wohnte. Drinnen war noch alles still. Malamut setzte sich vor die Gartenpforte und wartete.

Ernst Reyer, 2006